Andacht für Februar

Liebe Seniorinnen und Senioren!

Für die Andacht im Februar habe ich Ihnen ein Bild von einer Schnitzerei aus Tansania mitgebracht. Der Lebensbaum, so nennt man diese Schnitzerei, stammt von den Ebenholzschnitzern aus dem Volk der Makonde. Ein Forscher hat sie einmal das Volk der Künstler, Tänzer und Schöpfer schöner Formen genannt. Das Mosambik-Ebenholz, aus dem der Lebensbaum geschnitzt ist, kommt nur im ostafrikanischen Busch vor. Das Ebenholz ist ein sehr hartes Holz, und es erfordert große Geschicklichkeit, mit diesem Holz zu arbeiten. Die Lebensbäume gibt es in ganz verschiedenen Größen und Formen. Kein Lebensbaum gleicht dem anderen, doch alle haben dieselbe Botschaft: Die Generationen tragen gemeinsam an der Last des Lebens .
Die Lebensbäume stehen für die afrikanische Großfamilie- vom Säugling bis zum Greis. Alle sind miteinander verbunden. Aus einem Holz geschnitzt. Jeder geht seiner Beschäftigung nach und doch gehören sie alle zusammen. Sie stehen neben-, über- und untereinander. Es sind viele und doch zugleich ein Ganzes. Diese Schnitzerei kann uns etwas über das Zusammenleben der Menschen in Ostafrika erzählen:

- Der Gemeinschaftsgedanke, das Zusammengehörigkeitsgefühl bestimmen das Denken und Handeln der Menschen.
- Als richtig und gut gilt, was die Gemeinschaft stärkt, was allen in ihr nützt.
- Alleinsein und allein gelassen werden ist afrikanischer Wesensart zuwider.
- Menschen und ihre Beziehungen zueinander haben immer Vorrang vor Angelegenheiten und Dingen.
- Bei Auseinandersetzungen ist es wichtig, dass jeder sein Gesicht und seine Würde behalten kann.
- Afrikaner tun sehr viel gemeinsam, schon deshalb, weil die Menschen aufeinander angewiesen sind und einander brauchen.

Das klingt sehr ideal, und in Wirklichkeit gelingt es oft auch nicht. In Tansania z.B. brechen immer mehr Familien auseinander, weil die Jugend in die Stadt zieht, weil Ehen zerbrechen, oder weil viele Menschen der mittleren Generation an Aids sterben. Aber auch bei uns kommt der Gemeinschaftsgedanke mehr und mehr abhanden. Viele wollen frei und unabhängig sein, sie wollen sich nicht einordnen oder gar unterordnen. Auch in unseren Gemeinden stellen wir das fest. Aber vielleicht kann ein Lebensbaum ja ein Symbol für Gemeinde Jesu sein und uns beim Nachdenken helfen.
Gemeinde Jesu – das sind schon mal viele verschiedene Menschen (nicht alle aus einem Holz geschnitzt) mit vielen verschiedenen Gaben. Das, was uns verbindet ist unser gemeinsamer Glaube an Jesus Christus. Als Getaufte gehören wir zur großen Familie Gottes weltweit.
Wir sind eine Gemeinschaft, die davon lebt, dass wir empfangen und weitergeben, dass wir andere tragen und auch selbst getragen werden. Vielleicht geschieht das sogar gleichzeitig – geben und nehmen. Und dabei ist jede und jeder Einzelne wichtig. Jeder hat seinen Platz. Wenn auch die Position sich ändern kann, darf doch keiner fehlen. Wir sind eingebunden in eine Gemeinschaft. Eingebunden auch mit denen, die vor uns gelebt haben, die jetzt mit uns leben und mit denen die nach uns leben werden. Wir leben als Christen auch aus einer Glaubenstradition unserer Mütter und Väter und wir wollen gern unseren Glauben der nächsten Generation weitergeben.
Obwohl wir eingebunden sind in eine Gemeinschaft, sind wir doch eigenständige Personen. Wir haben unsere ganz speziellen Begabungen und Fähigkeiten mit denen wir uns einbringen können. Wir brauchen die Menschen neben uns als Ergänzung, aber auch zur Korrektur.
Niemand ist das, was er ist, ohne die anderen. Die Menschen neben mir, unter mir, oder über mir, sind wichtig für mich, um zu sein, wie ich bin. Jeder steht auf den Schultern der anderen und braucht sie ebenso, wie sie ihn nötig haben.
Gemeinde Jesu ist Teamarbeit. Keiner braucht alles allein zu schaffen. Gegenseitig können wir uns helfen, Halt geben und gemeinsam Lasten tragen.
Vielleicht hat ja Paulus ähnlich gedacht, als er im Brief an die Galater schrieb: Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

In einer Gemeinschaft zu leben, ist nicht immer einfach, weil wir so verschieden sind. Aber im vergangenen Jahr und auch jetzt wieder merken wir, wie uns die Gemeinschaft, das Miteinander fehlen. Ich vermisse freundliche Gesichter, Hände zur Begrüßung, eine Umarmung oder Besuche. Viele von Ihnen leiden unter Einsamkeit. Wir können uns nicht in unseren gewohnten Kreisen treffen. Wir feiern Kurzgottesdienste ohne Gesang und Abendmahl oder online. Vielleicht merken wir in dieser Zeit, welch großes Geschenk Gemeinschaft ist und lernen sie wieder ganz neu zu schätzen und zu achten. Was wir aber jetzt tun können ist, für unsere Gemeinden und die Menschen darin zu beten. Lassen Sie uns von der Botschaft der tansanischen Lebensbäume lernen und versuchen wir, gemeinsam die Last des Lebens zu tragen. Amen

In einem unserer Lieblingslieder heißt es:
Keiner ist nur immer schwach, und keiner hat für alles Kraft.
Jeder kann mit Gottes Gaben das tun, was kein andrer schafft.
Keiner, der noch alles braucht, und keiner, der schon alles hat.
Jeder lebt von allen andern; jeder macht den andern satt.
Gut, dass wir einander haben, gut, dass wir einander sehn,
Sorgen, Freuden, Kräfte teilen und auf einem Wege gehen.
Gut, dass wir nicht uns nur haben, dass der Kreis sich niemals schließt und das Gott, von dem wir reden, hier in unsrer Mitte ist.

Herzliche Grüße im Namen aller Mitarbeiter
Ihre Birgit Mehlhorn

 

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