Predigt vom Sonntag Jubilate
Predigt zu Johannes 15,1-8
Hier können Sie die Predigt anhören.
Liebe Gemeinde, als ich 2014 zur Reha war, teilte ich mir 6 Wochen mit einem Winzer das Zimmer. Gern erzählte er mir von seiner Arbeit. Mir wurde klar, was für ein Fachwissen und was für ein Einsatz nötig ist, um am Ende einen edlen Tropfen genießen zu können. Das ganze Jahr hat er in seinem Weinberg zu tun. Im Winter schneidet er die Reben zurück. Nur eine oder zwei bleiben am Weinstock. Für mich ist das immer ein Rätsel. Wie sollen aus diesem knorrigen, wie tot aussehendem Stück Holz, leckere Weinbeeren wachsen. Aber dann im Frühjahr pulsiert das Leben in der Pflanze. Es sprießt und grünt wie verrückt. Der Winzer erkennt auf Anhieb, was vielversprechende gute Triebe sind und welche Triebe weg müssen, weil sie den anderen die Nährstoffe rauben. Im Sommer muss der Winzer die Blätter schneiden. Er muss auslichten, damit die Trauben unter der Sonne die richtige Süße entwickeln. Dabei ist viel Erfahrung nötig. Er darf nicht zu viel aber auch nicht zu wenig wegschneiden. Das alles ist nur ein Bruchteil seiner vielen Arbeit. Warum all diese Mühe? Völlig logisch: Der Winzer möchte sich im Herbst über einen 1a Qualitätswein freuen. Jesus nimmt dieses Bild vom Weingärtner und seinem Weinstock auf und überträgt es auf Gott und uns Menschen.
In Johannes 15, 1-8 heißt es: Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mirbleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirftsie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.
Ich möchte anhand von 6 Stichworten mit euch den Text bedenken
1. Die Erwartung des Weinbauers »Gott ist wie ein Weinbauer. Er setzt sich ein, gibt sich Mühe, nimmt jede Menge Arbeit auf sich. Ziel ist eine ertragreiche Ernte. Jesus ist der Weinstock. Wir sind die Reben am Weinstock – also die Äste. Und an uns Reben sollen die Früchte wachsen –die Weintrauben. Wir Christen haben in den Augen Gottes also eine klare Bestimmung. Wir sollen gute Früchte hervorbringen. So wie sich ein Winzer über süße Trauben und einen edlen Tropfen freut und sein Weingut dadurch in aller Munde ist, so ist es der Sinn unseres Lebens, Gott groß rauszubringen und Menschen mit Gutem zu beschenken. In der Bibel heißt das: Gott ehren und den Nächsten lieben. Das erwartet Gott von uns.
2. Die besondere Qualität des Weinstocks Jesus sagt hier: „Ich bin der wahre Weinstock!“ Das heißt: Gott hat mit seinem Sohn den edelsten und vollkommensten Weinstock, in diese Welt gepflanzt, den es überhaupt gibt. Er nimmt sein Liebstes, sein Bestes, seinen eigenen Sohn. Bei diesem edelsten aller Rebstöcke, was könnte es da für einen Spitzenwein geben? Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.“ Das heißt. Ihr hängt nicht an irgendeinem Weinstock. Ihr seid meine Reben. Zu ihm gehören wir. D.h.: Eng verbunden mit Jesus gedeihe ich. Hier werde ich bestens versorgt. Hier, bei ihm, ist mein Platz. Was Besseres kann mir gar nicht passieren.
3. Die Aufgabe der Rebe: Für mich ist das sehr entlastend, wenn Jesus sagt: „Ihr seid die Reben“.Wir sind nicht die Wurzel, die das Wasser suchen muss. Wir sind nicht der Stamm, dem die Tragkraft zugemutet wird. Wir sind nicht die Rinde, die irgendetwas schützen müsste. Wir sind erstrecht kein über alles hinausragender Trieb. Nein. Zweige sind wir, die am Weinstock bleiben und darauf angewiesen sind zu nehmen, was siebrauchen. Wir müssen nicht suchen, wir müssen nicht tragen, wir müssen nicht schützen, wir müssen nicht glänzen, wir müssen nur bei ihm bleiben, mit ihm in enger Verbindung bleiben. Jesus sorgt dann für unsere Reife. Für uns kommt es aufs „Bleiben“an. 11 x finden wir dieses Wort in den ersten 11 Versen von Johannes 15. Wie sieht das Bleiben aus? Mir wird das deutlich, wenn ich jetzt jeden Tag für zwei Stunden unsere Kirche aufschließe und sie vom Haupteingang aus betrete. Was sehe ich zuerst? Ichblicke zuerst auf unseren Altar mit dem Kreuz und auf das Holzrelief mit dem Auferstandenen.Das heißt: Ich bleibe bei Jesus, in dem ich auf ihn schaue und seine Nähe suche. Aus der Freude über das, was ich da sehe, dass er sich für mich mit seinem Leben eingesetzt und zu Ostern den Tod besiegt hat, entsteht der Wunsch: »Herr, ich will mein Leben nicht nur irgendwie leben, sondern in der festen Bindung an dich. Ich will Rebe an dir sein, dem besten Weinstock aller Zeiten. Und an mir soll Frucht wachsen, die dir gefällt.“ So bin ich verbunden, wenn ich Jesus im Blick habe, ihm vertraue, mit ihm im Gespräch bleibe und sein Wort mir Durchblick gibt, wie ein zuverlässiges Navi. So bleibe ich an Jesus. Durch diese Verbindung schenkt er mir alles, was ich brauche.Hier noch ein anderer Vergleich. Ichfreue mich, dass begabte Mitarbeiter mir meinen Computer und Gemeindelaptop so eingerichtet haben, dass wir zurzeit Kirchenvorstandssitzungen und Dienstbesprechungen per Videokonferenz machen können. Das ist eine tolle Möglichkeit in Verbindung zu bleiben. Das Problem ist nur, wenn ich an meinem Computer sitze und dort irgendwelche falschen Tasten drücke und dabei die Verbindung gefährde oder gar trenne, dann ist der Austausch mit den anderen nicht mehr möglich. So wie ich bei unseren Dienstbesprechungen die Internetverbindung aufrechterhalten muss, so möchte ich mit Jesus in Verbindung bleiben, und mich nicht ablenken oder gar von ihm trennen lassen. Getrennt von ihm, kann er mich nicht mit all dem Guten versorgen, was er für mich bereit hat. Zum Beispiel Kraft, Trost, Zuwendung, Vergebung oder Hoffnung.
4. Die schmackhaften Früchte: Ziel unseres Christseins ist es “Frucht zu bringen“. Im Neuen Testament ist ein ganzer Früchtekorb beschrieben: »Die Frucht, die der Geist Gottes hervorbringt, besteht in Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Keuschheit.«Gal 5,22-23Das alles sind Eigenschaften von Jesus Christus, die er in uns hervorbringen möchte. Bemerkenswert ist, dass im Urtext nicht von „Früchten“ die Rede ist, sondern von „der Frucht“ (Einzahl). Eva von Thiele-Winckler, Gründerin einer Diakonissenschwesternschaft, sagt deshalb,dass die Frucht einzig und allein aus der Liebe besteht.Sie macht hinter dem Wort Liebe kein Komma, sondern einen Doppelpunkt. Die anderen Begriffe sind für sie eine Entfaltung der Liebe in verschiedene Richtungen. Freude ist die jubelnde Liebe. Friede ist dieausgeglichene Liebe. Geduld ist die tragende Liebe. Freundlichkeit ist die wärmende Liebe. Güte ist die teilende Liebe. Treue ist die ausharrende Liebe. Sanftmut ist die wehrlose Liebe. Keuschheit ist die zurückhaltende Liebe. Die Frucht eines Menschen, der eng mit Jesus Christus verbunden ist, istletztlich Liebe in ihrer vollen Entfaltung.Wie würde unser Leben aussehen, wenn davon mehr bei uns wachsen würde? Es wäre ein Stück Himmel auf Erden! Wir würden richtig genießbar, nicht nur für Gott, sondern auch für den Ehepartner, für unsere Kinder, für Eltern, für Kollegen, für Vereinskameraden und Nachbarn.Letztlich geht es bei den Früchtendarum, die Herrlichkeit Gottes sichtbar werdenzu lassen. Doch spätestens jetzt merken wir: Dabei bleibe ich nicht auf der Strecke. Gott geht es sehr wohl auch um mich und meinen Nächsten! Da haben wir alle etwas davon. Wenn ich für Gott und meineUmgebung eine Freude bin, dann geht es mir selber auch gut.
5. Der schmerzhafte Einschnitt: Jesus sagt in diesem bildlichen Vergleich: “Eine jegliche Rebe, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe.“Diese Art Reinigung erfolgt nicht mit dem Staublappen, sondern mit dem Winzermesser. Christsein bedeutet deshalb nicht nur aufblühen und Frucht bringen, es heißt auch, den einen oder anderen schmerzhaften Einschnitt zu ertragen. Es geht nicht nur um bloßes Wachstum, sondern Gott möchte vor allem, dass wir reifen. Das klingt erst mal abschreckend. Doch im Grunde ist das etwas, was wir alle kennen. Im Blick auf unser Leben müssen wir wahrscheinlich alle feststellen, dass es meist die schweren Zeiten waren, in denen wir am meisten reiften. Es sind die Widerstände, die uns wachsen lassen. So wie ein Muskel nur stark werden kann, indem man ihn herausfordert und an seine Grenzen bringt, so sind es die Phasen der Entbehrung und des Kampfes, die für unsere Persönlichkeitsentwicklung oft die entscheidenden sind. Das gilt auch für unser geistliches Leben.Dazu kommt, dass längst nicht alles, was wir Tun und Treiben, dazu angetan ist, dass unser Leben fruchtbar und sinnvoll wird. Da sind jede Menge Seitentriebe und ungesunde Zweige in unserem Leben, die der Frucht, die wir bringen sollten, den Saft wegnehmen. Wir verzetteln uns. Zu viel schießt ins Leere. Hier ist Gottes Eingreifen wichtig.Wer das verstehen lernt,bekommt auch ein neues Verständnis für die Schattenseiten seines Lebens. Entbehrungen, Verzicht, Pannen, Sackgassen, Rückschläge geraten in ein neues, versöhnliches Licht. Selbstverständlich ist nicht jeder Verlust in unserem Leben auf das „Winzermesser“ Gottes zurückzuführen. Aber wir dürfen vertrauen, dass er alles zu unserem Besten wenden kann. Gott hat verschiedene Wege, uns zu „reinigen“. Er reinigt uns von unseren Sünden durch seine Vergebung. Gott reinigt uns durch seinWort von falschen Vorstellungen und Zielen. Er reinigt uns durch das Reden des Heiligen Geistes in unserem Herzen, der uns führt, lehrt und erinnert. Gott reinigt uns durch Mitchristen, die uns korrigieren. Und wir erfahren immer wieder Reinigung durch Lebensverhältnisse, die uns unsere Abhängigkeit von Gott bewusst machen. Deshalbnoch ein Schlussgedanke. Für mich ist das Bild vom Weinstock....
6. ... eine klare Ermutigung: Unser Bibeltext nimmt uns mit in einen Weinberg und stellt uns Gott als exzellenten Winzer vor. Jesus Christus ist der Weinstock, an dem ich gedeihe –der beste Platz für mich überhaupt. Ich, als Rebe, werde durch die Verbindung zum Weinstock, also zu Jesus Christus, mit allem versorgt, was ich brauche und dadurch wächst Frucht. Frucht die Gott ehrt, mir selber gut tut und andere genießen können.Ich freue mich über diese klare Ermutigung:»Bleib dran! Halte die Verbindung zu mir! Dann bist du beschenkt und erlebst Gottes Wirken in deinem Leben.« Ich wünsche uns, dass wir das entdecken: Bei Jesus bleiben bedeutet Lebensglück.
Amen